Mittwoch, 4. Juni 2014

Short Term 12

"Why are you so nice to me?" - "You being serious now? Well, it's easy. It's because you are the weirdest, most beautiful person that I've ever met in my whole entire life."
 

Destin Cretton, 2013 - 9.75/10

Ihr werdet mit Sicherheit noch nie etwas von diesen Film gehört haben, wenn aber doch, dann werde ich denjenigen/diejenige direkt sehr cool finden, denn wir haben es hier mit einem kleinen Independent-Meisterwerk zu tun. Ihr wisst, ich bin generell gegen das Ansehen von Trailern, aber hier kann ich es nur empfehlen, um einen ersten Eindruck von Film zu erhalten. Es ist sehr schade, dass der Film keine größere Aufmerksamkeit erhalten hat, gehört er doch meiner Ansicht nach zu einem der besten von 2013. Ich wurde auf ihn aufmerksam, weil er beim Festival South by South-West in Austin, Texas (SXSW) alle wichtigen Filmpreise abgeräumt hat. Wenn man sich vorstellt, dass die der Debut-Film des Regisseurs Destin Cretton ist, dann prognostiziere ich ihm eine große Karriere.

Aber kommen wir zum eigentlichen Film, der sich so real, fast dokumentarisch, anfühlt wie es lange keiner mehr geschafft hat. Er spielt in einer Einrichtung für Jugendliche mit schwierigem Hintergrund, oder die Auffälligkeiten aufzeigten, die bis zu ihrem achtzehnten Lebensjahr dort untergebracht werden. Im Fokus steht vor allem die leitende Betreuerin Grace (Brie Larson), die selbst Probleme hat und versucht damit umzugehen. Unterstützung erhält sie von Mason (John Gallagher Jr.), ein Kollege, mit dem sie schon seit längerer Zeit ein Verhältnis hat. Als sie erfährt, dass sie zusammen ein Kind erwarten und eine neue Bewohnerin in der Einrichtung erscheint, die Grace sehr an sie selbst erinnert, droht die Situation außer Kontrolle zu geraten.

Larson, die man am ehesten aus "Scott Pilgrim" kennen könnte (die Sängerin, Scotts Ex), ist die bekannteste Schauspielerin eines überragenden Ensembles, das einem sehr ans Herz wächst und dem man am liebsten noch viel länger zugesehen hätte. Grace ist ein sehr komplexer Charakter und Larson versteht es, sie mit so viel Leben zu füllen, dass keine ihrer Handlungen beliebig wirken und auch ihre errastische Art wirkt vollkommen nachvollziehbar, bedenkt man, was sie selbst durchgemacht haben muss. Larsons Spielweise ist perfekt und meiner Meinung nach hätte sie dafür mit einer Oscar-Nominierung bedacht werden müssen. Schade, dass der Film etwas unterging im letzten Jahr. Ebenso spielt Gallagher extrem überzeugend als ihr Freund, der alles für sie aufgeben würde und dies auch schon gemacht hat, um mit ihr zusammen zu sein. Es wundert mich etwas, dass er kaum mit Preisen für seine Rolle bedacht wurde.

Vor allem jedoch sind es die Bewohner der Einrichtung, die diesen Film erst so richtig besonders machen. Die Chemie stimmt zwischen den Jungdarstellern (besonders hat mir Keith Standfield in seiner Rolle als "Marcus" gefallen) und deshalb hat man als Zuschauer so viel Spaß dabei, sie in ihrem Alltag zu beobachten, in dem es sowohl Höhen (Geburstagsparty), als auch Tiefen (beispielsweise der Tod eines Goldfisches) gibt.  Auch wenn manchen Figuren zu wenig Platz eingeräumt wird - die Mädchen finden meiner Meinung nach zu wenig Beachtung - wirken alle sehr glaubhaft.

Es klingt klischeehaft, aber bei diesem Film kann man nicht anders als zu  lachen und zu weinen. Es war Zufall, dass ich diesen Film auf DVD in einem Laden in Birmingham gefunden habe, in Deutschland ist er kaum zu bekommen. Ihr werdet aber mit Sicherheit einen Weg finden, denn es lohnt sich sehr. Ich möchte nochmal einen Lob an den Regisseur aussprechen, der selbst mehrere Jahre in solche einer ähnlichen Einrichtung gearbeitet hat und damit seine Eindrücke problemlos in sein Werk integrieren konnte. Der große Verdienst des Films ist es, dass die Jugendlichen nicht als Freaks dargestellt werden, sondern als ernstgenommene Personen, die ein paar Probleme haben, aber nicht abgesperrt hinter Schloss und Riegel leben. Ein unfassbarer Film und als Bonus eine der anrührendsten Liebesgeschichten der letzten Jahre.


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