Donnerstag, 25. September 2014

Children Of Men

As the sound of the playgrounds faded, the despair set in. Very odd, what happens in a world without children's voices.




Alfonso Cuarón, UK 2006 - 10/10

Meiner Meinung nach ist dies der beste Film der letzten zwanzig Jahre, mindestens. Da ich selbst erst seit etwa fünfzehn Jahre intensiv Filme sehe muss ich sagen, dass dieser Film derjenige neben "Schindlers Liste" ist, der den größten Eindruck auf mich hinterlassen hat und dessen erstes anehen ich wahrscheinlich mein Leben lang nicht vergessen werde. Das letzte mal, dass ich so etwas mit Garantie sagen konnte, war im letzten Jahr, als ich "Gravity" (vom selben Regisseur) sprachlos gemacht hat.

Im Jahr 2027 ist die Bevölkerung der Erde nicht mehr in der Lage Nachwuchs zu produzieren. Seit etwa zwanzig Jahren sind Frauen unfruchtbar. Der Film beginnt mit der Fernsehnachricht, dass der jüngste Bewohner der Erde, Baby Ricardo, gestorben ist. Fast alle Besucher einen Coffee-Shops in London schauen bestürzt auf den Bildschirm, außer Theo Faron (Clive Owen), der sich mit seinem neu erworbenen schwarzen Kaffee (NATÜRLICH ist es schwarzer Kaffee und kein "Pumpkin-Spice-Frappucino" oder sonstiger zuckriger Bullshit, denn Theo ist ein Mann, man) einen Weg durch die Menge bahnt. Draußen angekommen erhalten wir den ersten Blick auf das London in naher Zukunft. Es fahren immer noch wie gewohnt Autos durch die Gegend (sie können noch nicht schweben), aber alles um Theo hat einen schmutzigen Anstrich erhalten, Menschen laufen träge durch die Straßen. Während Theo das Straßenbild registriert und er sich seinen Kaffee mit einem Schuss Whiskey verfeinert, fliegt hinter ihn der Kaffeeladen in die Luft. Geschockt und torkelnd wandern die überlebenden Kunden raus, Theo ist weit genug von der Explosion entfernt gewesen, dass ihm nichts passiert ist.

Mit diesem Knall beginnt Cuaróns Film und man ist gleich im Geschehen drin. Die Szene dauert vielleicht gerade einmal zweieinhalb Minuten, aber sagt schon alles aus, was man für den weiteren Verlauf wissen muss: Die Menschheit droht der Exitus, die Erde ist im Zerfall und Armut ist überall zu bemerken. Diese Umstände werden in den darauffolgenden Szenen noch verstärkt: Theo wird auf offener Straße in einen Transporter gezogen, ihm wird eine Maske über den Kopf gestreift und als er wieder sehen kann steht seine Exfrau Julian (Julianne Moore) vor ihm. Sie ist die Anführerin einer radikalen Vereinigung "The Human Project", die sich zum Ziel gesetzt hat, bessere Bedingungen für illegale Einwanderer zu erreichen (sogenannte "Fugees", vom englischen "fugitives").

 Dabei aber haben sie noch ein besonderes Ass im Ärmel, das sie für ihre politische Zwecke einsetzen wollen - so denkt besonders Julians Mitstreiter Luke (Chiwetel Ejiofor aus "12 Years Of Slave") - eine junge, dunkelhäutige Engländerin names Kee (Clare-Hope Ashitey) ist schwanger!!! Durch die strikten Einwanderungs- aber auch Auswanderungsgesetze - Einwanderer werden in Ghettos menschenunwürdig gepfercht - wenden sie sich an Theo, um Kee sicher zu einem Schiff der Organisation zu bringen, die sie aus England bringen soll. 

Nach anfänglichem Zögern (ihr habt es bereits erraten) begeben sie sich auf den Weg durch ein kaum wieder zuerkennendes England, das einen mit einer Gänsehaut zurücklässt, denn das macht den Reiz dieses Meisterwerkes aus: Er spielt zwar in der Zukunft, doch ist diese so glaubwürdig dargestellt, dass sie ohne weiteres genauso eintreten kann (dasselbe gilt für die Version Spike Jonzes in "her", auch wenn dieser Film absolut nicht apokalyptisch ist). Sowohl die bereits beschriebene Szenen, als auch die Landschaften, durch welche die Gruppe im weiteren Verlauf des Films durchfahren und wandern und dies häufig in legendären, Cuarón-typischen long-takes, die solche Filme wie das bereits erwähnte "Gravity", aber vor allem auch "Y Tu Mamá También" sensationell gemacht haben. Hier sind es nicht die kleinen Geschichten am Straßenrand im Hinterland Mexiko Citys, sondern vollgepackte Actionsequenzen, zum einen im Auto, zum anderen mitten durch ein Schlachtfeld hindurch.

Ich habe absolut nichts an diesen Film zu kritisieren. Die Schauspielen spielen durch die Bank großartig, ich habe bislang vergessen Michael Caine zu erwähnen. Als Theos gutmütiger Freund Jasper bietet er eine leichte Erholung von all der Verzweiflung, die sich in der dem Zuschauer präsentierten Welt aufgebaut hat. Die Bilder sind sensationell, die Kameraarbeit von Emmanuel Lubezki wurde völlig zu Recht für einen Oscar nominiert und hätte auch gewinnen müssen (auch wenn ich die Kamera in "Pans Labyrinth" für sensationell halte, über diesen Film werde ich in Kürze noch mehr schreiben). Lubezki gewann sechs Jahre später für "Gravity". Das Drehbuch war genauso nominiert (das ich nicht mehr groß loben muss, die Story ist enorm faszinierend und bietet Stoff sich stundenlang über die aufgezeigten Konsequenzen in der heutigen Zeit Gedanken zu machen) wie der Schnitt, hier seien besonders die schnellen Actionsequenzen nach den ewigen Kamerafahrten genannt. 

Cuarón hat ein Meisterwerk geschaffen, das sich wirklich jeder mindestens einmal angesehen haben sollte. Es war zur damaligen Zeit vielleicht kein Erfolg gewesen sein, deshalb werden viele von euch noch nie von diesem Film gehört haben. Holt es jetzt nach und schaut ihn euch an, ihr werdet es nicht bereuen.

Sonntag, 21. September 2014

Die Abenteuer von Tim & Struppi - Das Geheimnis der Einhorn

What is this peculiar beverage? It has no bouquet, it's completely transparent. - It's water.


"The Adventures of Tintin" Steven Spielberg, USA 2011 - 8.25/10

Als Kind habe ich die Comics von Hergé um den Reporter Tim, seinen treuen Begleiter Struppi und den besoffenen Kapitän Haddock (plus Professor Bienlein und Schulze & Schultze) geliebt. Auch als jetzt Erwachsener (jetzt fühle ich mich alt) halte ich die Comics immer noch für sensationell, aber ich habe mich jahrelang geweigert, obwohl mit sehr viel Liebe zum Detail an dieser aktuellen Umsetzung gearbeitet wurde - sei es nur die für Kenner sehr passende Hinzunahme des Original-Covers des Comics auf einer Häuserwand im Intro des Films - sehen wollte ich diesen Film eigentlich nicht. Denn er sah mir zu klinisch aus, die Figuren waren allesamt zu blass und auch insgesamt war mir der Stil viel zu dunkel. Viele dieser Dinge stören mich auch jetzt noch, nachdem ich den Film doch gesehen habe, aber insgesamt muss ich sagen: Ein sehr unterhaltsamer Film mit einer atemberaubenden Szene, die ich zur besten Action-Sequenz der letzten Jahre erklären könnte.

Reporter Tim findet auf dem Trödel ein altes Modellschiff, das plötzlich heiß begehrt wird: Ein Fremder bietet ihm einen beliebigen Preis für das Sammlerstück, aber Tim lehnt das ab und geht schnell nach Hause. Als er Nachforschungen anstellt und daraufhin zu seiner Wohnung zurückkehrt ist das Schiff gestohlen. Doch wie gut, dass man einen schlauen Hund hat: Struppi findet ein Metalröhrchen, das aus dem Schiff gefallen ist. Dort drin befindet sich ein kleines Pergament, das Tim auf die Spur des eigentlichen, legendären Schiffes bringt: Die Einhorn und dessen versunkenen Schatz. Bösewichte begegnen den beiden auf ihrer Reise, vor allem der hinterlistige Sakharine, der eine Meuterei auf einem Schiff begangen hat, dessen eigentlicher Kapitän ein gewisser Archibald Haddock ist...

Ihr merkt, die Story ist nicht so kompliziert, muss sie aber natürlich auch nicht sein. Ein paar Verwicklungen hier, ein paar falsche Fährten dort, dabei ein hohes Tempo, Spannung und Action, schon hat man einen Fall von Tim und Struppi im Kasten. Dies ist ein Animationsfilm und die Figuren sind alle hervorragend gelungen, für die Technik zeichnet sich das WETA-Studio aus, das schon für die Herr der Ringe und Hobbit auszeichnete. Vielleicht liegt es nur an mir, aber irgendetwas fehlt mir bei den Figuren, sie sehen viel zu steril aus, als seien sie gerade aus der Vitrine als Actiofiguren in diesen Film geworfen, sie glänzen zum Beispiel unnatürlich und sind dermaßen blass. Vielleicht ist das meckern auf hohem Niveau und ihr stört euch absolute nicht dran, denn der Rest ist wirklich außerordentlich gut gestaltet.

Die Landschaften, Gebäude und die Animationen sind sensationell gut. Wenn ihr absolut keine Lust auf diesen Film haben solltet, schaut euch diesen Clip an. Wie gut ist das denn bitte? Das ist eine Actionszene, die mit normalen Schauspielern - und etwas so alltäglichem wie der Schwerkraft - nicht möglich gewesen wäre. In seinen besten Stellen erinnert er an Indiana Jones (noch eine meiner Lieblings-Filmreihen - abgesehen vom schrecklichen vierten Teil) und macht sehr viel Spaß, auch die Dialoge zünden (sogar im Deutschen). Die Gags zwischen Schulze und Schultze sind Slapstick pur, eine gute Auflockerung zwischen den Actionsequenzen.

Leider gibt es eine lange Sequenz auf einem Schiff und obwohl ich verstehe, dass es zwangsläufig der Hergé-Grundlage wegen auf einem Schiff spielen muss, sind diese Minuten viel zu dunkel geraten. Stelle ich mir vor, dass ich auch noch mit einer 3D-Brille im Kino sitzen würde, bei dem es immer automatisch dunkler wird, so würde ich mich sehr ärgern.

Aber sehr viel mehr habe ich nicht an diesem Werk Spielbergs auszusetzen, es hat mich dann doch positiv überrascht. Ein sehr netter Film mit einer guten Portion Action, der euch unterhalten wird, garantiert.


Dienstag, 16. September 2014

Bright Star

I almost wish we were butterflies and liv'd but three summer days - three such days with you I could fill with more delight than fifty common years could ever contain




Jane Campion, UK 2009 - 9.25/10


John Keats, welch ein Genie. Er ist mein liebster Dichter überhaupt, seine Werke sind von immenser Kraft und Imagination, wer jemals an Poesie interessiert sein sollte, der muss sich sein Schaffen ansehen. Viele seiner bekanntesten Gedichte und Briefe sind in diesen Film eingearbeitet worden, der die Geschichte von der Liebe zwischen dem mittellosen Dichter Keats und der privilegierten Schneiderin Fanny Brawne zeigt. Dabei wurden solch unfassbare Bilder geschaffen, dass ich ohne Zweifel sagen kann, dass dies einer der imposantesten und schönsten Filme der letzten 20 Jahre ist (ich merke gerade, dass ich zu diesem Thema eine Top 10 erstellen müsste). Ich meine damit, dass man fast jeden einzelnen Frame anhalten kann und ihn sich ohne Probleme als Poster an die Wand hänge könnte. Aber kommen wir zunächst zur Handlung:

Das Jahr ist 1818 und im Haus der Brawns lebt den Sommer über wie üblich der Dichter Mr. Brown (Paul Schneider), nur diesmal ist er nicht allein gekommen, sondern er hat einen jungen Schützling im Schlepptau: John Keats (Ben Whishaw). Er kann mit seiner Poesie allein kein Geld verdienen, auch wenn er gerade seinen ersten Gedichtband "Endymion" veröffentlicht hat. Seine natürliche Art bezaubert die älteste Tochter des Hauses, Fanny (Abbie Cornish), die sich nach anfänglichem Zweifel in ihn verliebt. Eine zarte Liebesgeschichte spinnt sich über den Sommer, doch als dieser vorbei ist, kann Keats nicht länger bleiben...

Was sich wie eine übliche Liebesgeschichte anhört, entpuppt sich als anrührendes und emotionales Kino, bei dem der Zuschauer mit den Figuren fühlt. Sie lieben sich, können jedoch wegen seiner Mittellosigkeit nicht zusammen sein. Heute ist Keats das anerkannte Genie, damals war er nur ein kleiner, unbedeutender Dichter. Der Film weiß diese Diskrepanz herauszustellen. Man merkt, was für Kraft seine Worte schon zu damaliger Zeit entwickelt haben, doch der Ruhm wollte sich nie einstellen.

Cornish und Whishaw verbindet eine greifbare Chemie, die in jeder Szene zwischen ihnen klar wird. Ihre Geschichte ist in einer akkuraten Darstellung des Englands zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingebettet. Die Kostüme sind erstklassig und wurde völlig zurecht für den Oscar nominiert, meiner Meinung nach hätten auch Nominierungen für das Produktions-Design und vor allem die Kamera folgen MÜSSEN. Aber gut, manchmal soll es halt nicht sein.

Dies hier ist einer der besten romantischen Filme der Dekade, also eine volle Empfehlung von mir, schaut euch diesen Geheimtipp an. Danach legt euch bitte ein Buch von Keats zu, einem der wichtigsten Poeten aller Zeiten.

Sonntag, 14. September 2014

Die Frau in Schwarz

I will never forgive



The Woman in Black, James Watkins, UK 2012 - 7/10

Noch eine schnelle Kritik hinterher von einem überraschend unterhaltsamen Film, der zwar ein paar Probleme hatte, aber durchweg atmosphärische Spannung aufbauen konnte: "The Woman in Black" mit Daniel "Harry Potter" Radcliffe.

Der Held des Films, Anwalt Arthur Gibbs (Daniel Radcliffe) im Auftrag seiner Kanzlei alle Dokumente einer Verstorbenen in deren abgeschiedenen Villa untersucht, um an das Testament zu gelangen. Durch leider zu kurze Einstellungen zu Beginn (der insgesamt viel zu knapp gehalten wurde) erfährt der Zuschauer, dass Gibbs in Schulden versunken und seine Frau gestorben ist. So muss er zähneknirschend den Auftrag annehmen, sonst wird er gefeuert. Sein Sohn wird im heimischen London beim Hausmädchen zurückgelassen und Gibbs steigt in den Zug Richtung Norden. Auf der Fahrt trifft er bereits auf den mysteriösen Mr Daily (Ciarán Hinds), der ihm eine Fahrt hoch ins Dorf anbietet, er ist einer der wenigen mit eigenem Automobil, der Film spielt ja schließlich auch zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Als er nach einigem Widerstand der Bevölkerung schließlich in der Villa ankommt, ist alles im chaotischen Zustand und als dann schließlich die Nacht einbricht geschehen einige unerklärliche Dinge...

Die Sage, auf der diese filmische Adaption beruht, handelt von einer Mutter, die ihr Kind verliert und daraufhin alle Kinder des Dorfes umbringt. Die Story wurde Kindern in England der viktorianischen Zeit vorgelesen, damit sie auch immer schön artig sind. Die Handlung ist natürlich sehr vorhersehbar und einfach gestrickt, doch ist es hier ein leiser Horror, der sich nach und nach entwickelt und einen nicht übermannt. Dies ist kein Splatter-Film, sondern ganz klassisches Gruselkino, das die Spannungspunkte bewusst über den Film verteilt.

Die Ausstattung ist phänomenal gut gelungen. Ich bemitleide den Produktionsassistenten, der wahrscheinlich Tage lang Briefe mit der Feder schreiben musste, um sie danach alt aussehen zu lassen und dann werden sie nur wenige Sekunden in einer Szene gezeigt. Auch die Villa ist wunderbar auf alt getrimmt worden, wie der ganze Film, die Kostüme eingeschlossen. Musikalisch werden keine riesige Neuerungen eingeführt, man denkt die ganze Zeit, dass man die Melodie schon gehört hat. Den klassischen, schrillen Geigen-Ton, der bei einem unerwarteten Schatten, oder bei einer plötzlichen Bewegung, ganz am Rande des Blickfelds einsetzt. Die Spielzeuge, die sich im Kinderzimmer des getöteten Jungen befinden sind übrigens echte Antiquitäten und man wundert sich mit was für gruseligen Sachen Kinder zur damaligen Zeit gespielt haben, heute undenkbar.

Radcliffes Rolle ist natürlich komplett anders als die des legendären Harry Potter, hier trägt er - was als erstes ins Auge fällt - keine Brille und er hat sich einen leichten Drei-Tage-Bart stehen lassen. Auch sonst ist die Figur des Arthur Gibbs sehr melancholisch und depressiv teilweise gestaltet, keine Wunder, denn er hat im Grunde nur mit Problemen zu kämpfen, nicht einmal lacht er im ganzen Film und blass sieht er auch noch aus. Gruß an die Maskenbildner.

Das Ende des Films hat mich aber sehr enttäuscht, vielleicht bin ich da allein mit meiner Meinung, wenn ihr ihn gesehen haben solltet, lasst mich wissen, was ihr davon haltet. Ich will es nicht verraten, aber ganz allgemein gesprochen, ist es viel zu einfach geraten und ist nicht stimmig mit dem Rest der Geschichte. Ansonsten kann ich euch diesen Film durchaus empfehlen, ein ganz klassischer, gut gemachter Gruselfilm.

Y Tu Mamá También

Life is like the surf, so give yourself away like the sea.




Alfonso Cuarón, Mexico 2001 - 9.75/10

Dieser Film ist meiner Meinung nach das beste Road Movie aller Zeiten und gleichzeitig eines der besten Werke über das Heranwachsen von jungen Leuten zum Mann, das ich jemals gesehen habe. Es ist zum einen nicht nur ein Film, der zeigt, was zwei blöde, privilegierte mexikanische Jungs den Sommer über so machen, denn es ist so viel mehr. Es ist ein wahrhafter Film über das Leben, den Sex, die Liebe, Freundschaft und Entscheidungen, die man trifft. Was ich damit meine, werdet ihr in den nächsten Abschnitten erfahren.

Erzählt wird die Geschichte zweier Freunde aus Mexico City: Tenoch (Diego Luna) und Julio (Gael Garcia Bernal) gammeln bei Tenoch zu Hause rum. Sein Vater ist ein reicher Politiker, die im Urlaub sind, also haben sie das Anwesen für sich allein. Nach einer Runde Abschieds-Sex mit ihren Freundinnen, die ebenso in den Urlaub nach Italien fahren, haben sie plötzlich viel Zeit. Da entschließen sie sich auf einen Road-Trip zu gehen, denn ein Kumpel hat ihnen von einem weit abgelegenen Strand berichtet, der einen legendären Strand haben soll (und das Gras in der Gegend ist auch nicht schlecht). Kurz bevor sie aufbrechen wollen, heiratet der Cousin von Tenoch. Die beiden treffen bei der Feier auf die attraktive, ältere Luisa (Meribel Verdú). Sie erzählen ihr von ihrem geplanten Trip, was sie zwar amüsiert zur Kenntnis nimmt, aber danach auch wieder gleich verschwindet.

Ein paar Tage später allerdings erhält sie einen Anruf ihres Mannes, der ihr schluchzend und besoffen beichtet, dass er sie betrogen hat. Kurz entschlossen meldet Luisa sich daraufhin bei den Jungs, sie will mit auf die Reise gehen. Julio und Tenoch können ihr Glück kaum fassen und so machen sie sich Tags drauf auf den Weg durch das mexikanische Hinterland, abseits des Molochs der Hauptstadt.

Was sie dort erleben, bildet den Hauptakt des Films und dieser ist unfassbar gut gelungen. Allein die häufigen, scheinbar endlosen Kamerafahrten, die wie beiläufig Szenen des mexikanischen Alltags festhalten sind so stimmungsvoll gestaltet - sei es eine Hochzeitsgesellschaft mit der Braut hoch über ihren Köpfen getragen, oder wie Verkehrspolizisten (oder ist es sogar das Militär) Menschen mit vorgehaltenem Maschinengewehr niederknien lassen - dass ein wiederholtes anschauen des Films Pflicht sein muss. Solche langen Sequenzen sind typisch für Cuarón, der mit diesem Werk seinen internationalen Durchbruch schaffte. Er ist der Regisseur, der für meinen Lieblingsfilm "Children of Men" verantwortlich ist, aber ihr werdet ihn vor allem für "Gravity" kennen, für den er den Oscar als bester Regisseur gewonnen hat.

Das Drehbuch stammt ebenso von ihm, er hat es mit seinem Bruder Carlos verfasst. Ich habe bislang keinen besseren Film gesehen, bei dem besser die Zeit von jungen Männern in der Adoleszenz dargestellt wird. Dieses Alter zwischen Kindheit und Erwachsenenalter ist prägend und natürlich erleben sie andauernd Charakter-bildende Momente, was vor allem an Luisa liegt. Sie bringt enorm viel Abwechslung in den ansonsten witzlosen Plot, sei es auch nur als Sexobjekt. Was ich damit meine, müsst ihr schon selbst sehen. Die Handlung bleibt durchweg spannend und bietet zum Schluss einige Wendungen, die man so vorher nicht erwartet haben kann.

Die Landschaften sind exzellent photographiert, es sind Gegenden, die man ohne Zögern selbst sehen will. Wenn das mexikanische Hinterland wirklich so wunderschön ist, dann will ich persönlich sofort einmal dorthin. Die Charaktere sind allesamt sympathisch, man kann sich ohne Probleme mit ihnen identifizieren. Besonders gelungen halte ich die Hinzunahme eines Erzählers, der in manchen Szenen dem Zuschauer noch weitere Informationen zu den Figuren liefert. Hier erinnert der Film an gute Literatur, bei denen die Figuren beim lesen ans Herz wachsen. Auch für die Schauspieler war der Film ein großer Durchbruch. Vor allem Gael Garcia Bernal dürfte euch ein Begriff sein, er spielte zum Beispiel später den jungen Che Guevara, die Hauptrolle in "Science of Sleep", oder auch Inaratus' "Amores Perros" und "Babel". Diego Luna hatte Rollen unter anderem in "Milk" und "Elysium", Maribel Verdú kennt man vor allem durch ihre Rolle in "Pans Labyrinth", bei der sie das Hausmädchen in der Villa des schrecklichen Generals darstellt.

Ein sensationeller Film, der nicht besser die Jugend darstellen kann; und als dann auch noch die Versuchung in das gewohnte Schema tritt, so ändert sich die komplette Dynamik der Akteure. Ihr werdet nicht enttäuscht werden, das garantiere ich. Ich halte es für bemerkenswert, dass sich dieser Film einen Dreck um Konventionen schert: Es wird geflucht, gesoffen und gefickt, ohne Zensur, so wie das Leben nun einmal ist. Genau das stellt dieser Film dar und am Ende wird man noch sehr überrascht werden. Was kann man da nicht mögen? Schaut euch diesen Film an.

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