Freitag, 14. November 2014

Moneyball

There are rich teams and there are poor teams. Then there is fifty feet of crap and THEN there's us.



"Die Kunst zu gewinnen - Moneyball" (deutschter Titel)
Bennett Miller, USA 2011 - 9.25/10 (NUR der Sportteil: 9.5/10)

Diese Kritik wird sehr persönlich werden, denn dieser Film hat mir einen neuen Sport begreiflich gemacht, was bislang so gut wie noch nie vorher passiert ist. Es geht um die "American pastime", dem Baseball. Wenn man bislang gedacht hat: "Ja gut, so spannend ist das jetzt aber nicht", dann kann ich das gut verstehen. Denn eine Partie Baseball in der MLB (Major Baseball League) dauert unbestritten viel zu lang und der Ablauf eines Matches ist für die heutige Konsumgesellschaft um einiges zu langsam (vor allem auch im Vergleich zur NBA, auf den ich noch häufiger zu sprechen kommen werde). Warum dieser Film es trotzdem geschafft hat, die Sportart so interessant zu machen, dass ich mir seitdem teilweise des Nachts den Wecker stelle, um eine bedeutungsvolle Partie anzusehen (am liebsten eine der Chicago Cubs), diese Frage versuche ich in den nächsten Abschnitten zu beantworten.

Zunächst einmal muss gesagt werden, dass der Film ohne dessen Hauptrolle nicht funktionieren kann. Denn ich wage zu behaupten, wenn einer der Top 5 Schauspieler weltweit der Star des Films ist, dann kann man zumindest mit einem guten Gewinn am box office rechnen. Es war jetzt kein Kassenknüller, aber hat ohne Probleme sein Budget wieder eingespielt. Dies liegt an der Starpower von Brad Pitt, der die Figur des Managers der professionellen Baseballmannschaft Oakland Athletics (in Folge der Kritik "Oakland A's" genannt) spielt. Meiner Meinung nach wird der Film allein durch den Namen "Brad Pitt" auf dem Filmplakat schon einiges an Gewinn gemacht haben. Aber auch ohne ihn, der nebenbei bemerkt, eine seiner besten Performances der letzten Jahre liefert und völlig zurecht für den Oscar als bester Hauptdarsteller nominiert wurde.

Genau wie die Figur des Billy Beane, gibt oder gab es alle dargestellten Personen im echten Leben, was dem Film eine spannende Tiefe verleiht. "Basierend auf wahren Ereignissen" ist ein Slogan, der automatisch dafür sorgt. Aber kommen wir zur Handlung: Der Film beginnt im Jahr 2001. Die Oakland A's befinden sich in den Playoffs der Amerikanischen Baseball Liga (MLB) gegen die steinreichen New York Yankees, gegen die sie chancenlos ausscheiden. Drei der besten Spieler der A's werden in der nun folgenden Off-Season den Club verlassen und so steht Beane vor der schweren Aufgabe, einen Kader zu formen, der auch in der kommenden Saison konkurieren kann. In der MLB gibt es keine Gehaltsobergrenze und so haben die reichen Clubs aus den drei großen Städten (New York, Chicago und Los Angeles) automatisch einen Wettbewerbsvorteil. Sein Club hat nur ein sehr geringes Budget und muss deshalb bei den Top Free-Agents (also Spielern, bei denen der Vertrag ausgelaufen ist) meist passen, weil sie andere Gehaltsvorstellungen haben, die nicht mit den anderen Spielern des Clubs übereinstimmen.

Als Beane nun also auf der Suche nach neuen Spielern nach Cleveland zu den Indians reist, werden dessen Trade-Angebote reihenweise abgelehnt. Ein junger, übergewichtiger und dem Augenschein nach gar nicht sportlicher junger Mann namens Peter Brand (Jonah Hill), flüstert dem Manager der Indians seine Meinung ins Ohr. Nach dem gescheiterten Besuch kommen Beane und Brand ins Gespräch. Brand ist ein Wirtschaftswissenschaftler von der Yale Universität. Das besondere an ihm ist, dass er Baseballspieler mit anderen Maßstäben bewertet, als es alteingesessene Scouts jahrzehntelang vorher getan haben. Für seine Methode ist es nur wichtig, ob ein Spieler eine bestimmte Sache gut kann und das reicht ihm schon. Auf diese Weise will Beine Spieler verpflichten, die bei vielen Teams durchs Raster gefallen sind, zum einen ewige Talente, die falsch eingesetzt wurden, oder auch verletzungsanfällige Spieler, an die er aber glaubt und die weniger leisten müssen, nur das machen sollen, was er genau von ihnen will.

Scouts sehen eher das Gesamtbild: Ein Spieler muss am besten zehn Sachen gleichzeitig gut können und dabei noch gut ins "Gesicht des Clubs passen". Hier treten also zwei Philosophien aufeinander. Beane stört das aber im keinsten Fall und prompt engagiert er Berg, der von nun an sein persönlicher Assistent ist. Der neue Stil kommt nicht gut im Club an. Der bereits erwähnte, routinierte (um es mal nett auszudrücken) Scouting staff will gar nichts davon wissen, die erste Teamsitzung ist sensationell. Genauso geht es mit dem Trainer, Art Howe (Philip Seymour Hoffmann, R.I.P.). Er sieht genauso seine festgelegte Reihenfolge, die er in den Spielen vorgesehen hat. Als die Saison immer näher rückt, ist dieses Reizklima immer noch nicht beseitigt und manche neu verpflichtete Spieler machen noch keinen besonders guten Eindruck. Die Saison beginnt prompt mit einer Niederlage...

Es ist nicht einfach in solch einem klassischen Sport wie Baseball neue Methoden zu implementieren. Das lernen Beane und Brand auf die harte Tour. Es ist faszinierend mit anzusehen, wie der Alltag im Profisport aussieht und was für Kämpfe stattfinden. Ich persönlich hatte bislang keine Vorstellung davon, wie schwer es sein könnte, einen Spieler zu entlassen. Diese Szenen sind mit Fingerspitzengefühl gedreht worden, was Regisseur den ganzen Film über macht. Seine Kamera befindet sich zum Großteil im Hintergrund, wird nur ganz selten nah rangeholt. So entsteht zwar eine Distanz, die den Zuschauer aber erlaubt, mit Abstand das Gesamtbild betrachten zu können.

Die Sportszenen sind allesamt phänomenal gut gelungen, die Atmosphäre eines Baseballmatches wird treffend vermittelt, wo der Film aber besonders punktet, ist die Handlung hinter den Kulissen eines professionellen Sportteams. Das Verhältnis der Spieler untereinander im Klubhaus, oder eben die bereits erwähnten Spielerverhandlungen sind in die Handlung integriert. Besonders die Szene, in der die Trade-Deadline kommt, gehört zu den besten des gesamten Films. Die Action, die dort vermittelt wird, ist greifbar und gewährt einen Einblick, die den Fans des Sports (auch der NBA, mit der ich mich bislang primär beschäftigt habe) bislang verwehrt geblieben ist.

Der Trend, Sport mit modernen Methoden zu betrachten, hat heute nicht nur beim Baseball Einzug gehalten, sondern auch in der NBA. Es wird gemessen, von welcher Stelle des Platzes der jeweilige Spieler wirft, oder wie gut er seinen Gegenspieler verteidigt. Wenn man solche Daten analysiert, dann kann man Erfolg haben. Das wussten Berg und Beane damals zu Beginn der neuen Dekade im Baseball. Dieses Umdenken hat heute sehr viel mehr Gewicht, als es damals den Anschein hatte und es ist spannend zu sehen, wie sich diese Bewegung entwickelte.

Der Film ist vor allem für Leute interessant, die sich viel mit amerikanischem Sport auseinander setzen, für den Laien dürfte es sehr schwer werden. Es wird zwar versucht, Begriffe begreifbar zu machen, doch fällt es nicht immer leicht. Um die Situation etwas aufzulockern und die Hintergründe der Hauptfiguren klar zu machen, wurde das Privatleben Billy Beans mit in den Film genommen, hier vor allem seine Zeit mit seiner Tochter, die ihn fast jedes Wochenende besucht. Diese Szenen sind per se nicht schlecht, doch passen sie nicht so recht ins Gesamtbild des Films und nehmen jedes mal einiges an Tempo raus. Hier wäre weniger mehr gewesen.

Ansonsten habe ich nichts anzumerken. Wer bislang nichts mit Baseball anfangen konnte, könnte nach dem Film genauso zum Fan werden, wie ich es einer geworden bin. "Moneyball" ist einer der besten Sportfilme der letzten zehn Jahre, mit sehr guten Performances von Pitt und vor allem Jonah Hill, der den "Nerd" zur Perfektion spielt. Meine vollste Empfehlung.


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