Sonntag, 22. März 2015

Harry Potter 3 - Der Gefangene von Askaban

*HERMIONE-SMASH*



Und wir sind zurück!! Hat ja auch nur sieben Monate gedauert. Aber egal, willkommen zu den Jahren drei und Jahr der Zauberer-Gang um Harry "Boss" Potter, Ron "Side-Kick" Weasley und Hermine "die heimliche Nr.1" Granger. In der heutigen Ausgabe lernen wir einen schmuddeligen Kriminellen, eine Ratte und einen rauchigen Turm kennen.

Teil 3:

Harry Potter und der Gefangene von Askaban
"Reveal your secrets."


 

Alfonso Cuarón, UK 2004 - 8.75/10 (vielleicht sogar 9/10)

Willkommen zum dritten Jahr in Hogwarts, zunächst befinden wir uns aber im Lingusterweg, im Haus der Dursleys. Harry wird weiterhin gemobbt, sowohl von Dudley, Vernon und Petunia, aber als noch Besuch kommt, platzt Harry die Zauberhutschnur. Tante Marge (perfekter Name!) beleidigt seine Eltern und ZACK, Harry bläst sie wie einen Ballon auf - zurecht, aber das sieht das Zaubereinministerium ganz anders und prompt flattert ein Brief in die Wohnung, der verkündet, dass Harry von der Schule suspendiert sei.

Was sich für Kenner wie ein üblicher Tag in der Welt Harry Potters anhört, ist für Laien ein großes Fragezeichen, welches die weiteren fünf Filme der Reihe nicht kleiner wird. Da ich aber mal annehme, dass ihr alle mit der Welt Harry Potters vertraut seid, werde ich direkt ans Eingemachte gehen:

Harry ist also zum Übeltäter mutiert und verlässt wutentbrannt das Haus der Dursleys. Er denkt schon daran, dass er von nun an als Aussätziger durch die Länder streift (SPOILER: was in einem späteren Teil auch noch passieren sollte) und seine Freunde nie wieder sehen würde. Aber weit gefehlt. Einmal schnell "Lumos" gesagt und da taucht schon ein klassischer Doppeldeckerbus auf, der Harry in atemberaubenden Tempo zum Pub "Tropfender Kessel" bringt, der von merkwürdigen Plakaten gesäumt ist: Sirius Black sei aus dem Zaubereigefängnis "Askaban" ausgebrochen.

Wie ihr euch denken könnt, wurde Harry nicht aus der Schule geworfen worden, sondern springt Hals über Kopf in sein nächstes Abenteuer. Viele Neuerungen gibt es im dritten, und meiner Meinung nach besten Teil der Harry Potter-Reihe. Neben den bereits genannten Nachtbus wird zum ersten mal "Askaban" erwähnt, das von fliegenden Monstern, den Dementoren, bewacht werden, die auch prompt im Zug nach Hogwarts erscheinen. Man erkennt, das eben jenes Schloss vom Stil verändert wurde, es gibt weit mehr Hügel und Täler und auch das Gebäude hat sich verändert, der Astronomieturm wird zum ersten mal gezeigt.

Dort im Turm hat Hermine ihre ersten Probleme in der Schule, die ersten beiden Jahre waren ein einziger Klacks für sie. Doch dieses Voraussagen ist einfach nicht ihr Ding, sie kann schließlich nichts auswendig lernen. Der Turm wurde perfekt gestaltet, genauso wie im Buch beschrieben. Ron und Harry machen sich einen Spaß aus der Sache, erfinden allerhand abenteuerliche Prognosen aus den Teeüberresten. Doch Hermine scheint es dann doch nicht so viel auszumachen, sie schmeißt den Kurs (!) und scheint gleichzeitig zur selben Zeit beschäftigt zu sein. WIE IST DAS MÖGLICH?

Das denken sowohl Harry und Ron, als auch der Zuschauer. Denn hier liegt der große Reiz an diesem Teil der Reihe, der schon im Buch sehr interessant eingebaut wurde. Nach einem ersten Höhepunkt geschieht ein beträchtlicher Schnitt, auf den ich natürlich nicht näher eingehen werde. Dies ist als rein cineastisch betrachtetes Stilmittel äußerst reizvoll und passt perfekt in dieses dritte Jahr, Cuarón (der Oscar-Gewinner von "Gravity" und Regisseur meines Lieblingsfilms "Children of Men") schafft es einen tollen Effekt zu erzeugen, der einen unglaublichen Sog - besonders beim ersten sehen - zu schaffen. Dumbledore, du Genie (mehr werde ich nicht dazu sagen).

Es sind wieder einmal Schauspieler der ersten Garde, die neu in die Serie kommen, alles Fanfavoriten. Zum einen Gary Oldman (z.B.Comissioner Gordon in "Dark Knight") als Sirius Black, David Thewlis (Stephen Hawkings Professor "Die Entdeckung der Unendlichkeit) als Remus Lupin und Timothy Spall ("Mr Turner") als Peter "Scabbers" Pettigrew. Sie machen ihre Sache sehr gut und auch unsere drei Helden haben einen Sprung nach vorn gemacht. Vor allem ist Hermine (Emma Watson) in diesem Film besonders durchschlagkräftig - siehe Überschrift.

Die Handlung - bestimmt zu ausführlich von mir beschrieben - ist extrem mitreißend und wird an einem bestimmten Punkt komplett auf den Kopf gestellt, was für ein eindrucksvolles Seherlebnis sorgt. Musik, Ausstattung und Kulissen sind wie gewohnt von erster Güte, wie eigentlich in jedem Teil. Hier müssen die Effekte gelobt werden. Die Dementoren sehen furchteinflößend aus und Cuarón weiß mit der Hilfe seines Kameramanns Michael Seresin ("Planet der Affen: Revolution", "Die Asche meiner Mutter") diese Szene in düstere Bilder zu hüllen - eine Richtung, welche die Serie in den kommenden Film noch weiter vertieft wird.

Aufgrund der Struktur, Atmosphäre und Spannung ist dies bislang der beste Teil der Reihe, vielleicht sogar der insgesamt beste, aber dazu später mehr. Selbst für Neulinge ist dieser Teil sehr reizvoll, platzt er fast vor Ideen, interessanten Figuren und aufregenden Handlungssträngen.


Donnerstag, 12. März 2015

Ida




Pawel Pawlikowski, Polen 2014 - 9.5/10

Dieser Film hat den Oscar 2015 für den besten ausländischen Film gewonnen, deshalb dürfte manch einer von euch von ihm gehört haben. Ich persönlich habe vor etwa einem halben Jahr den Trailer durch Zufall gesehen und war von den kargen, dabei aber enorm ausdrucksstarken schwarz-weiß-Bildern begeistert. Diese Begeisterung ist geblieben und der Film hat mich ohne Frage umgehauen, obwohl er eine scheinbar ganz einfache Geschichte, ohne viel Drumherum. Aber das ist es gerade, was diesen Film so besonders macht.

Ein Kloster im Polen der 1960er-Jahre. Eine junge Novizin namens Anna (Agata Trzebuchowska, in ihrem Film Debüt) erfährt beim Gespräch mit der Oberschwester, dass sie eine Verwandte hat, eine Tante, mit der sie Zeit verbringen soll, bevor Anna ihr Gelübde zur Ordensschwester ablegen wird. Widerstrebend geht sie zu ihrer Tante Wanda (Agata Kulesza) und die beiden verbringen den Tag miteinander, Anna will jedoch ziemlich schnell wieder zurück, sie sitzt allein in der fremden Wohnung, während Wanda als Richterin arbeitet. Am Abend sitzt Anna an der Bushaltestelle und Wanda sieht sie und beschließt, sie noch einmal zu sich einzuladen. Die beiden unterhalten sich über Annas Mutter - also Wandas Schwester - und deren Geschichte. Anna konnte gar nichts über sie wissen, weil sie im angesprochenen Kloster aufwuchs. Hier erfährt sie, dass sie Jüdin ist und "Ida" heißt.

Was darauf folgt, werde ich nicht weiter beschreiben, denn das würde viel von der Atmosphäre des Films wegnehmen, der überraschend spannend ist. Die 1960er Jahre wurden perfekt eingefangen, sei es die Kleidung, die Kulissen und die Inneneinrichtung, es ist vor allem die Musik, die prominent zum Einsatz kommt, vor allem in der Form eines jungen Saxophon-Spielers, den die beiden treffen. Pawlikowski versteht es in langen Einstellungen, bei denen zum Großteil die Köpfe der beiden Hauptfiguren im Fokus stehen, eine unfassbare Stimmung zu schaffen, bei der man nicht wegsehen kann. Vor allem eine Szene, bei der Anna in einem Tracking Shot verfolgt wird, erinnert mich sehr an Bela Tarrs "Werckmeister Harmonies", dem großen, faszinierenden Meisterwerks des legendären Regisseurs.

Der Film endet mit einem überraschenden Moment, auf den ich NATÜRLICH nicht eingehen werde, aber ich saß mit heruntergeklappter Kinnlade vor dem Fernseher, eine Szene, die ich nicht habe kommen sehen. Die beiden Hauptdarstellerinnen spielen überragend, sowohl "Anna" /"Ida" in ihrer ersten Rolle, als auch Wanda, Agata Kulesza, die schon in 47 Filmen mitgewirkt hat.

Ein enorm faszinierender Film, an dem nicht jeder Gefallen finden wird, aber bei nur einer perfekten Laufzeit von 80 Minuten, gibt es keine Entschuldigungen, dieses Meisterwerk nicht zu sehen. Klickt auf die Überschrift, schaut euch den Trailer an.

Samstag, 7. März 2015

Baymax - Big Hero 6

Hello. I am Baymax, your personal healthcare companion.


Don Hall, Chris Williams, USA 2014 - 7.25/10

Dieser Film wäre als Kurzfilm so viel besser gewesen. Denn einige Szenen, vor allem zu Beginn gehören zu den witzigsten Abschnitten in einem Animationsfilm, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Die zweite Hälfte allerdings ist dermaßen beliebig geraten, ein typischer Superheldenfilm, der absolut nicht überraschen und nur teilweise begeistern kann. Junge Zuschauer dürften trotzdem ihren Spaß haben, aber für mich war es so beliebig, wie es selten ein Film dieses Genres war.

"Big Hero 6" spielt im fiktiven San Fransokyo (!) eine Stadt, die - ihr habt es erraten - eine Mischung aus San Francisco und Tokyo, die spektakulär aussieht; ein feuchter Traum für Architektur-Fans. Dort sehen wir den jungen Hiro bei einem Untergrund-Roboter-Kampf, den er trotz eines merkwürdig, unscheinbar aussehenden Roboters gewinnt. Allerdings ist dieser Kampf illegal und Hiro sollte viel eher etwas Sinnvolles mit seiner Zeit anfangen, beispielsweise seinem großen Bruder Tadashi nacheifern, der an der Universität Roboter entwickelt.

Kurzentschlossen gehen die Brüder dorthin und Hiro ist total begeistert, er will so etwas auch machen. Die vier Freunde Tadashis entwickeln auch alle interessante Roboter und Gadgets und ermutigen Hiro denselben Weg einzuschlagen, Professor Callaghan ermuntert ihn ebenso: Wenn Hiro einen interessanten Roboter auf der jährlichen Konferenz präsentiert, dann könne Hiro an der Universität studieren.

Das beste Element am Film ist aber gar nicht die Geschichte um Hiro, oder Tadashis Freunde, sondern Tadashis Erfindung: Ein Roboter, der andere Menschen heilt. Er heißt Baymax und ist unglaublich cool, süß und einfach sensationell geworden. Seine Art ist langsam aber effektiv, wie man es von einem Gesundheitsprogramm erwarten sollte. Er wird aktiv, wenn in seinem Umfeld eine Person Schmerzen signalisiert, seien sie physisch, oder seelisch. Baymax sieht im Grunde aus wie ein laufender Marshmallow und hat eine extrem entspannte Stimme, die dabei auch noch extrem naiv spricht und handelt, was ihn nur noch charmanter macht.

Würde der Film hier enden, dann wäre es der beste Kurzfilm der letzten Jahre, Baymax ist so ein liebenswerter Charakter, dass es eine Freude ist ihm zuzusehen. Aber... es kommt anders. Ein Unglück geschieht und Hiro sieht sich gezwungen, Superheld zu spielen. Der Actionanteil wird deutlich erhöht, der Originalitäts-Level leidet ungemein. Baymax wird in einen Anzug gesteckt um das Böse zu besiegen... und ich so: "Na toll..."

Ich will nichts spoilern, also halte ich mich zurück, aber die nun sechs Helden - deshalb auch der Titel "Big Hero 6" - sind langweilig, haben zwar alle eine coole Fähigkeit, die schon vorher im Universitätslabor eingeführt wurde. Der plötzlich auftretende Antagonist ist zwar halbwegs überraschend, aber ansonsten ist das alles uninspiriertes Gekloppe, das mich nicht fesselt. Das ganze wird durch lustige Sprüche der Bande und Baymax aufgelockert, aber die gesamte zweite Hälfte war sehr ernüchternd.

Technisch ist der Film hervorragend. Es gibt ein paar Flugphasen, die mit denen aus "Drachenzähmen leicht gemacht" verglichen werden können. Die Gebäude und Figuren-Animationen sind über alle Zweifel erhaben, vor allem die Bewegungen des Michelin-Männchens Baymax ist ausgezeichnet gelungen.

Dass dieser Film den Oscar gewonnen hat, kann ich nicht verstehen, "Der LEGO-Film" hätte gewinnen müssen, der aber noch nicht einmal nominiert wurde, aus merkwürdigen Gründen, die ich schon einmal beschrieben habe. Alle Szenen mit Baymax sind super - Slapstick pur - , der Rest nicht so. Aber wenn ihr den Film einmal auf DVD ausleihen wollt, dann könnt ihr nicht viel falsch machen.

Noch ein letzter Satz -  Der deutsche Titel ist wieder einmal katastrophal: "Baymax - Riesiges Robowabohu" WTF?! Wer kommt auf so etwas??? Schon klar, dass man mit "Big Hero 6" scheinbar nicht viel anfangen kann in Deutschland, aber sowas???

Whiplash




Damien Chazelle, USA 2014 - 9.25/10

Um erfolgreich zu werden, der Beste zu werden, braucht der Schüler einen einflussreichen, fördernden Lehrer. Der Lehrer aus diesem Film wird extreme Methoden anwenden, um nach seinen Worten das letzte aus seinen Schülern herauszukitzeln, denn nichts ist seiner Meinung nach schmerzvoller als erzählt zu bekommen, man habe "gute Arbeit" abgeliefert. Das ist es nicht wonach er strebt und letztlich seine Schüler auch nicht. Denn ein neuer Charlie Parker ist nicht durch das bloße abspielen von Noten entstanden, da gehörte mehr dazu.

Damien Chazelle versucht in seinem erstaunlichen Debüt (!!!) "Whiplash" solch ein Schüler-Lehrer-Verhältnis näher zu beleuchten, was ihm ausgezeichnet gelingt. Trotz einer leichten Vorhersehbarkeit lebt der Film von dessen energiegeladenen Spannung zwischen den beiden Protagonisten, die ich im Kinojahr 2014 so nicht erlebt habe.

Andrew (Miles Teller) will der beste Drummer werden, deshalb ist er neuer Student am Schaeffer-Musikkonservatorium in New York. In der ersten Einstellung des Films sieht man ihn wie manisch auf sein Drum-Kit einschlagen, was Lehrer Fletcher (J.K. Simmons) aufmerksam macht. Nach einem Besuch in Andrew zweitklassigen Collegeband, bei der er bislang nur die Noten für den Stamm-Drummer umblätterte wird er zum Vorspielen in Fletchers "Studio Band" eingeladen, die er mit eiserner Hand führt. Andrew wird in der ersten Einheit vor der gesamten Gruppe zur Schnecke gemacht, was ihm aber den Antrieb verleiht, noch härter zu üben. Doch was sind die Konsequenzen aus seinem Verhalten, wird es sich lohnen?

Die Hauptperson ist ganz klar Andrew, der Zuschauer kann ihm leicht folgen, denn genauso wie für ihn, dürfte dem Zuschauer das Leben in einem Musikkonservatorium nicht vertraut sein. Teller spielt enorm physisch, sein echtes Blut ist großteils zu sehen, ein bravouröser Auftritt, der ihn zu einem der aufregendsten Jungschauspieler der USA verholfen haben dürfte.

Der Star dieses Films allerdings ist der Schauspiel-Veteran J.K. Simmons, den ihr am ehesten als den Vater von "Juno" oder den Chefredakteur von Peter Parker, Jonah Jameson aus den ersten drei "Spiderman"-Filmen bekannt sein sollte. Simmons' Fletcher ist eine angst einflößende Gestalt, die jeden Moment explodieren kann und wird, hinterfragt man seine Methoden auch nur ein einziges mal. Von der ersten Sekunde an dominiert Simmons mit seiner impulsiven Aura das Geschehen und ohne ihn hätte der Film niemals solch eine Atmosphäre der Panik, Explosivität und Anspannung erreicht, der diesen Film erst so herausragend macht. Schaut euch nur diese Szene hier aus dem Kurzfilm an - denn "Whiplash" wurde mangels Sponsoren erst auf dem Sundance Film-Festival als Kurzfilm veröffentlicht - und ihr werdet verstehen, wieso Simmons mit dem Oscar ausgezeichnet wurde.

Chazelle hat es geschafft, dass mir selbst Jazzmusik nichts ausmacht. Allein dafür gibt es meinerseits ein großes Lob. Denn bedenkt man, mit was für einen Aufwand solche eine Musik erzeugt wird, dann kann man den Musikern nur Respekt zollen. Der Schnitt des Films hat völlig zur Recht den Oscar erhalten, was allein in den letzten zehn Minuten passiert, ist diese Auszeichnung allein wert, ich werde natürlich nicht näher ins Detail gehen - der Oscar für den besten Ton-Schnitt ist ebenso verständlich, denn ein solch großes Orchester akkurat tonal darzustellen ist eine herausragende Leistung, die honoriert werden muss.

Ich bin gespannt, welche Projekte Chazelle als nächste in Angriff nehmen wird, ich werde sie mir hundertprozentig ansehen. Simmons hat seinen Höhepunkt nach jahrelanger Arbeit in Hollywood errreicht und Teller werden wir in Zukunft noch häufig sehen (beispielsweise im nächsten "Fantastic Four"-Film). Dieser Film ist aufregend, elektrisierend und selbst Leute, die bislang noch nie etwas mit Jazz anfangen konnten, sind hier genau richtig. Allerdings sollte man nicht bei einem Date diesen Film schauen, denn romantisch ist das einzige Attribut, das ich diesem Film nicht zuschreiben kann - er ist ein wildes Biest, das den Zuschauer fertig machen kann wie Andrew im Verlauf der Handlung. Wer sich drauf einlässt, wird belohnt.

Sonntag, 1. März 2015

Fack ju Göhte

Ey, Herr Müller!!!



Bora Dagtekin, GER 2013 - 5.5/10

Ja, ihr lest richtig, heute schreibe ich über DEN deutschen Kassenschlager 2013, der mit sechs Millionen Zuschauern selbst den zweiten Teil des Hobbits übertrumpft hat: Die Komödie "Fack ju Göhte" mit Elyas M'Barek und Caroline Herfurth, den ich um einiges besser fand, als ich vorher erwartet hätte. Der schlechte Eindruck des Trailers wurde zu Beginn allerdings bestätigt.

Denn der Film beginnt wie eine Klamotte aus grauen Fernseh-Urzeiten. Der Knacki Zeki (Elyas M'Barek) kommt nach 13 Monaten im Gefängnis auf freien Fuß und um seinen alten Gangster-"Kumpanen" alte Schulden bezahlen zu vergelten, muss er an eine große Menge Geld kommen. Wie gut, dass seine Stripper-Freundin Charlie (Jana Paleske) eben jenes Geld an sicherer Stelle vergraben hat: Auf einer Baustelle an - WELCH EIN ZUFALL!! - Zekis alter Schule. Nur hat sich die ehemalige Baustelle in eine nagelneue Turnhalle verwandelt, also muss Zeki irgendwie einen Tunnel graben, um an die Beute heranzukommen - "Die Verurteilten" lässt grüßen.

Durch eine ganze Reihe von glücklichen Fügungen und Zekis freche Art - er nimmt kein Blatt vor den Mund und spricht "wie die Schüler" - , gelingt es ihm einen Job als Aushilfslehrer zu ergattern - Hausmeister war nicht mehr verfügbar. Seine neue Kollegin Elisabeth Schnabelstedt (Karoline Herfurth) ist gleich an ihm interessiert.

Durch noch weitere Komplikationen finden die beiden insoweit zusammen, als dass er bei ihr im Schuppen einzieht, sie nicht verrät, dass er gar kein richtiger Lehrer ist und am entscheidensten: ER ÜBERNIMMT IHRE VERHASSTE KLASSE 10b. Diese hat Frau Schnabelstedt durch ihre antiautoritäre und nahe ans asoziale grenzende Verhaltensweise gemobbt und aus ihrem Klassenraum getrieben. Zeki, oder besser "Herr Schmidt", versucht nun, diese Klasse in den Griff zu bekommen, zunächst einmal durch derbste Sprüche und Ignoranz, was überraschend gut funktioniert.

Ich muss gestehen, dass ich den Trailer für unglaublich schlecht halte und er wie gesagt, reinsten Klamauk darstellt. Hat man sich allerdings an den schrillen Ton der Figuren gewöhnt - natürlich heißt die Schülerin im Mittelpunkt "Chantalle" - dann kann man doch einige lustige Szenen entdecken. Aber wer sich beim Namen schon denkt: "Geht es vielleicht noch etwas klischeebeladener?", den muss ich enttäuschen. Ein Klischee jagt das nächste, etwas wirklich neues wird hier dem Zuschauer nicht geboten. Der Gangster-Boss von Zeki ist ein 08/15 Typ mit schmieriger Typ mit scheinbar östlichem Akzent, dessen Beweggründe im Hintergrund bleiben. Die anderen Lehrer an der Schule außer Zeki und Elisabeth sind reine Staffage, ohne eigene Szenen.

Was mich vor allem gestört hat: Wieso hat Zeki durchgängig im Film Alkohol konsumiert? Es wird in einem Satz von "Depressionen" gesprochen, aber deshalb wird seine Sucht von allen hingenommen? Habe ich da was verpasst??? Es haben enorm viele Jugendliche diesen Film gesehen und Zeki ist nun einmal die Hauptidentifikationsfigur, ich halte es für fatal sein Verhalten so kommentarlos hinzunehmen. Ansonsten sind seine Methoden zwar politisch unkorrekt, aber effektiv. Indem er auf demselben sprachlichen Niveau der Schüler agiert SPOILER wird er respektiert und letztlich auch gemocht.

M'Barek und Herfurth machen ihre Sache gut, ihre Figuren sind für meine Geschmack viel zu überzeichnet, etwas mehr Feingefühl wäre hier wünschenswert gewesen. So wird viel zu viel rumgebrüllt, als dass etwas sinnvolles gesagt würde. Im letzten Drittel wird DAS romantische Theaterstück verwendet (ihr wisst alle genau, welches ich meine... zwei Häuser...). Diese Wahl mag zwar verständlich sein - vor allem weil so gut wie jeder dieses Stück kennt - doch wirkte dessen Hereinnahme überflüssig und deshalb auch so abgedroschen.

Ich kann gut verstehen, wieso dieser Film so erfolgreich war. Schüler fühlen sich angesprochen, weil sie im Mittelpunkt stehen und ihr eigenes Vokabular ungestraft nutzen können. Es wird um einiges unterhaltsamer im Verlaufe des Films, doch ist der Anfang extrem klamaukig und wird viele Zuschauer abschrecken. Wichtige Themen werden angeschnitten und gehen sogar ins ernste Gebiet - Selbstmord und die Begegnungen auf der "Exkursion" - doch hätte ich mir mehr aus diesem Gebiet und weniger aus der Ecke des dummen Humors gewünscht. So ist der Film nur teilweise zu empfehlen.

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